«Curry 36.» Dort, sagt man, gibt es die beste Curry Wurst.
Bei einem Besuch in Berlin, ohne Curry Wurst, ist wie ein Besuch in Italien
ohne Espresso. Also, ran an die Wurst, an die Curry Wurst.
Wenn schon denn
schon, wenn sündigen, dann richtig. Sie bestellt eine Curry Wurst ohne Darm mit
Pommes rot/weiss. Das hört sich schon ekelig an, wenn die Verkäuferin fragt
«möchten Sie die Wurst mit oder ohne Darm? » Am liebsten hätte sie die
Bestellung rückgängig gemacht. Rund um die Imbissbude von «Curry 36» stehen
viele Passanten, Berliner, Touristen, alte wie junge, ein richtiges Multikulti.
Sie isst ihre Curry Wurst direkt am Stand, denn dort, kann sie besser
beobachten, stellt sich zu einem circa 70-jährigen Ehepaar. Beide essen eine
Curry Wurst. Er mit Brötchen, sie mit Pommes. Sie dreht sich um, eine Gruppe
junger Französinnen beim Bestellvorgang, hier ein junger Mann mit Anzug und
Krawatte, dort ein paar Schulkinder. Faszination Curry Wurst, eine Wurst, die
verbindet.
Weiter geht es zu einem Laden, den sie am Vorabend bereits
bestaunt hat, ein Laden namens «Verbrauchermarkt Ullrich» direkt am Bahnhof
«Zoologischer Garten». Ein Verbrauchermarkt, wer benutzt heute noch so ein
altbackenes Wort, bei all den Anglizismen? Vor dem Einkaufsladen liegt ein
Penner, mitten auf der Strasse und schläft. Er liegt in einem Schlafsack, die
Passanten laufen einfach vorüber. Was, ist, wenn es dem nicht gut geht, er
vielleicht schon tot ist, merkt das überhaupt jemand? Ihr kommt das Buch «Die
Kinder vom Bahnhof Zoo» in den Sinn, das genau an diesem Ort spielt. Ein
Umschlagplatz der verschiedensten Kulturen und sozialer Schichten. Das Umfeld
scheint mit sich beschäftigt, in Eile, am Mobil-Telefon, beim What’s-Appen,
beim Stadtplan oder U-/S-Bahn-Plan lesen. Sie entscheidet sich trotzdem in den
Verbrauchermarkt hinein zu gehen, einmal in Berlin, da gehört eine solche
Erfahrung dazu, sagt sie sich. Beim Betreten des Ladens steht ein
Security-Mitarbeiter, der die Passanten mit einem freundlichen «Herzlich
Willkommen» begrüsst. Damit hat sie nicht gerechnet. Beim Verlassen des
Geschäfts, nachdem sie sich ein Getränk gekauft hat, öffnet der
Security-Mitarbeiter die Türe und wünscht «einen schönen Nachmittag und ein
schönes Wochenende». Diese Erfahrung ist sehr überraschend, da sonst in dieser
Stadt alles äusserst anonym abläuft.
Mit einem Lächeln im Gesicht geht sie weiter, sie
möchte heute noch nach Ost-Berlin, das restliche Stück Mauer, welches das Land drei
Jahrzehnte geteilt hat, anschauen. Mit der U-Bahn geht es Richtung Ost-Berlin,
aber mit welcher? Schlesisches Tor, dort ist ihr Ziel. Auf dem Weg in die
U-Bahn kommt sie an einem Büro der Berliner Verkehrsbetriebe vorbei. Spontan
entscheidet sie, dort zu fragen. Die Mitarbeiter begrüssen sie freundlich und
herzlich, sie soll sich bitte Setzen. Auf der Lehne des Stuhls steht «hier
sitzt ein VIP». «Toller Einfall», geht ihr durch den Kopf und fragt nach dem
Weg. «Sie müssen eine Station mit der U-2 Richtung Pankow fahren, dort steigen
sie in die U1 Richtung Warschauer Strasse um und steigen am Schlesischen Tor
aus. Etwas unbeholfen blickt sie die Mitarbeiterin der Berliner
Verkehrsbetriebe an, sodass diese aufsteht und mit ihr zur U-Bahn Nummer 2,
Richtung Pankow läuft. Dort verabschieden sie sich.
«Geschafft», denkt sie sich, Warschauer Strasse, hier
aussteigen. Noch gar nicht richtig aus der U-Bahn gestiegen, kommt ein grosser,
sportlicher Mann, ganz in schwarz, wie ein Security, auf sie zu. Kurz hält sie
die Luft an, dann will der Mann nur den Fahrschein sehen. Kein Problem, sie hat
sich einen gekauft.
Weiter geht es. Richtung alter Mauer, aber wo soll die sein? Erst einmal aus dem U-Bahnhof heraus, auf die Strasse. Die Gegend Berlin’s ist nicht so gepflegt, wie um den Alexanderplatz, oder am Kudamm. Sie läuft einfach einmal in eine Richtung, findet auch nach circa 30 Minuten und einigen kleinen Umwegen, endlich, die Mauer. Unglaublich, eine 3.6 Meter hohe und 10 Zentimeter dicke Betonmauer, hat während 28 Jahren über das Schicksal von Menschen entschieden? Ein Schaudern läuft ihr über den Rücken, alleine die Vorstellung, das da, wo sie momentan steht Realität war. Fast 30 Jahre lang! Mitten in einer Strasse wurde eine Mauer gebaut. Eine Mauer, die über Menschenleben bestimmt. Die Gegend ist sehr schön, der Fluss, der letzte geschützte Streifen der Mauer, viele schöne Graffiti. An der Mauer ist es recht windig deshalb entscheidet sie sich noch etwas weiter zu gehen, dieses Stadtviertel zu erkunden.
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