Dienstag, 26. April 2016

Alles Audi oder was?

An der Wand befinden sich die wichtigsten Instrumente im Blickfeld eines Autofahrers. Ein Tachometer, ein Drehzahlmesser, Kontrolleuchten, eine Kraftstoffanzeige. Zwischen Drehzahlmesser und Tachometer ist ein Flachbildschirm-TV an der Wand angemacht, als sei er das Display des Bordcomputers. Seitlich davon, ein Audi-Autositz mit Gurt. An der gegenüberliegenden Wand sind zwei Lenkräder befestigt. Ein Hotelzimmer im Audi-Quattro-Stil. Beim Schweifen des Blicks über das Zimmer, fällt das Augenmerk auf Details. Das Badezimmer hat als Fenster zwei Audi-Felgen. Am Boden steht sogar ein Audi-Bobby-Car und im Schreibtisch sind als besonderes Detail noch zwei Audi-TT-Tankdeckel eingebaut. Das ist «Audi-Feeling pur»! Da habe ich mir aber ein schnelles Zimmer gebucht, kommt mir der Gedanke.



Montag, 25. April 2016

Die Verkündung zum «Reinen Bier»

500 Jahre «Malz, Hopfen und Wasser»
Ein sehenswertes Spektakel:



Mittelalterliche Schlägerei




«500 Jahre reines Bier», ein Fest. Wie der Name schon assoziiert, es handelt nicht nur über sondern auch von ganz viel Gerstensaft. Freitagabend, Ingolstadt. Der erste Tag der Feierlichkeiten. Angela Merkel war heute auch schon hier und hat mit der Audi-Stadt auf 500 Jahre bayerisches Reinheitsgebot angestossen. Angela selbst habe ich zwar nicht mehr angetroffen, dafür bin ich zu spät angereist. Das ist sekundär, Bier ist noch vorhanden und die Feierlichkeiten sind noch in vollem Gange. Die gesamte Altstadt ist voll mit Menschen, das Wetter ist mild, tolle Voraussetzungen für das grosse Fest, welches in den alten Gassen gefeiert wird. Überall sind Menschen, Essensstände, Bierschänken, Bänke und Tische zu sehen. An verschiedenen Plätzen sind Bühnen aufgestellt, auf denen Künstler im Mittelalter-Stil Ihre Performance zeigen. Gaukler, altertümliche Gesänge. Die keltisch-mittelalterliche Band mit dem Namen «Trollfaust» zieht mich in Ihren Bann. Zwar sind die Texte sehr dunkel, es wird vom Teufel und dem Tod gesungen. Neben eigens komponierten Songs singt die Band auch Lieder aus geschichtlichen Überlieferungen des alten Europas. Die Stücke sind tanzbar, rhythmisch und wild, wie die Bandmitglieder. Es ist wirklich sehr schön, hier zu zusehen und einen Sitzplatz in der Menschenmenge konnte ich auch ergattern. Gebannt schaue ich dem Treiben auf der Bühne zu. Schräg vor meinem Platz tanzen wild kostümierte Gäste auf Tisch und Bank. Wahrscheinlich schon zu viel Bier denke ich mir. Genau in diesem Moment geht es los. Ein Passant vom Nachbartisch, auch verkleidet, packt einen der Partyfreaks am Kragen, reisst ihn vom Tisch und los geht die Schlägerei. Die anderen Gäste schauen gespannt, wie es weiter geht. Sie rangeln und einige Besucher und Kollegen der Beiden versuchen sie zu trennen. Ohne Erfolg. Doch plötzlich, stoppen die Zwei, ein Mobiltelefon wird gezuckt und die Taschenlampe angestellt. Einer der Beiden hat seine Brille verloren. Nun suchen die Zwei die Brille, die Schlägerei scheint vergessen zu sein. Nachdem die Sehhilfe gefunden ist, umarmen sich die beiden Prügelknaben und gehen getrennte Wege. Vielleicht wurden im Mittelalter Schlägereien so abgehalten, frage ich mich und muss schmunzeln.








Goldknopfgasse



Pflastersteine, alte Gebäude, enge Gassen, eine Altstadt. Die Rede ist vom alten Stadtteil von Bayerns und Deutschlands jüngster Grossstadt. Ingoldstadt. Der historische Stadtkern ist weitgehend erhalten. sehr gepflegt. Besonders ist es, wenn man auf dem Weg zur Altstadt unterwegs ist, denn hier hat sich die Stadtentwicklung eine tolle Idee einfallen lassen. Der alte Kern wird von einem grünen Gürtel umringt. Es macht Freude, die schön erhaltenen Häuser zu bestaunen. Die engen Gassen, das Lesen der Namen der Gassen. Am meisten gefällt mir der Name «Goldknopfgasse». Auf mich wirkt der historische Ort mystisch und königlich, es war ja auch nicht umsonst einer der bedeutsamsten Orte des königlichen Bayerns.

Schanzer Rutschn - Herrenbräu





Ein Fest «zum reinen Bier» - 500 Jahre bayerisches Reinheitsgebot. Menschen, überall sind Menschen mit mindestens einem Bierkrug in der Hand. Die Festlichkeiten finden im freien, mitten in der Altstadt der Audi-Metropole, Ingolstadt, statt. Es wird langsam dunkel und mittlerweile beginnt es stärker zu regnen und kälter zu werden. Einige Besuchergruppen trotzen, fest eingepackt noch im freien unter Sonnenschirmen dem kühlen Nass. Mir ist es zu frostig und ungemütlich, um mich weiterhin Draussen aufzuhalten. Als Alternative bieten sich die Restaurants in der Altstadt an, doch die Idee hatten auch schon andere. Mit dem Ziel irgendwo noch einen Unterschlupf zu finden, geht es los. Vor einem Restaurant namens «Schanzer Rutschn» stehen bereits einige Besucher. 
Wir laufen einfach daran vorbei. Im Inneren des Gasthauses besteht die Möglichkeit via Steintreppe oder hölzerner Rutsche in den Gastraum im Gewölbekeller zu gelangen. Wir entscheiden uns für die Treppe, obwohl mich die Rutsche schon auch interessiert hätte. Unten angekommen, stellen wir fest, dass der riesige Gastraum bis auf den letzten Platz voll besetzt ist. Bei genauerem Hinsehen ist er sogar übervoll. Wir laufen weiter, versuchen unser Glück, trotz des Andrangs noch irgendwo eine Nische zu finden. Plötzlich, da, an der Bar, werden zwei Plätze frei. Nichts wie hin, dieser Platz gehört uns! Endlich, wir sitzen. Jetzt gönnen wir uns erst einmal ein Bier, kein normales Blondes, nein, das dunkle Festbier 1516, einfach lecker. Langsam kommt Hunger auf, es ist zwischenzeitlich auch schon fast 20.00 Uhr. Doch irgendwie bin ich skeptisch, denn kann bei einer solchen Massenabfertigung das Essen wirklich in seiner Qualität und seinem Geschmack stand halten? An einem solchen Tag wird den Mitarbeitenden im Service Enormes abverlangt. Und trotzdem, alle Mitarbeiter der «Schanzer Rutschn» lächeln. Ein interessantes Bild, denn bisher wurden wir selten in Ingolstadt in einem Restaurant mit Lächeln beschenkt. Mit winken und Blickkontakt schaffe ich, von einer Servicekraft eine Speisekarte zu erhalten. In diesem Lokal passt einfach alles zusammen, die Liebe zum Detail macht sich bemerkbar. Die Speisekarte ist auf einem Brotzeitbrett angemacht. Einfach herzig, eine tolle Idee! Also beschliesse ich es zu wagen und etwas zu Essen zu bestellen. Nun, wo der Entschluss gefasst ist, ist keine Bedienung mehr zu finden. Hinter dem Tresen steht Mann, könnte der Chef sein, denke ich mir, er macht 

den Eindruck alles im Griff zu haben. Also, hebe ich ihm die Speisekarte entgegen. Er nickt mir zu und schon im selben Augenblick kommt eine Bedienung und nimmt die Bestellung auf. Jetzt bin ich gespannt, was mich auf dem Teller erwartet. Ich bin begeistert. Es ist frisch, sehr lecker, trifft genau meinen Geschmack. Beim Umschauen im Gastraum ist noch immer die Hölle los, Essen über Essen werden an die Tische gebracht und ich kann es nicht glauben, die Qualität und der Geschmack sind hervorragend! Wie schmeckt wohl das Essen, wenn mal nicht so viel Trubel herrscht? Ein Grund nochmals nach Ingolstadt zu kommen, das Gasthaus «Schanzer Rutschn», das ist meine Nummer Eins. Und zum Abschluss nehme ich natürlich nochmals die Rutsche.

Sonntag, 24. April 2016

500 Jahre und gar nicht veraltet

23. April 1516. Ein wichtiger Tag für den Gerstensaft, denn an diesem Tag haben die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. das «Bayerische Reinheitsgebot» in Ingolstadt erlassen. Die Brauvorschrift wurde geboren. Bier darf seit dem nur aus den Inhaltsstoffen: Malz, Hopfen und Wasser gebraut werden. Ingolstadt nutzt das 500-jährige Jubiläum und feiert vom 22.-24. April 2016 ein «Fest zum reinen Bier». Doch das heutige Gebiet des Freistaat Bayern existiert erst seit dem Jahr 1806, seither gehört auch die Region Franken dazu.

Beim Thema Bier darf natürlich die Bierstadt Bamberg auf gar keinen Fall Fehlen. «Franken. Heimat der Biere» mit diesem Slogan wird beworben. In Bamberg wurde bereits 27 Jahre früher ein eigenes, gleichlautendes Reinheitsgebot erlassen. Der urkundliche Beweis aus dem Staatsarchiv Bamberg liegt vor: Fürstbischof Heinrich III. verfügte am 12. Oktober 1489 in einer «Umgeldordnung», dass im Stadtgebiet Bamberg für das Brauen von Bier «nichts mere denn Malz, Hopfen und Wasser» zu nehmen sei.

500 oder doch schon 527? Eigentlich spielt es keine Rolle. Bamberg hat eine ganz besondere Biertradition, denn diese Region ist nicht nur im Bezug auf ihre Brauereidichte und ihr vielfältiges Biersortiment weltweit führend. Neben circa 70 mittelständischen und von familiengeführten Brauerein, befinden sich zwei Mälzerein, sowie die älteste Brauereimaschinenfabrik in Bamberg's Stadtgebiet. Ein Biermekka mit einer aussergewöhnlichen bierspezifischen Kompetenz mit internationaler Reichweite. Der goldene Saft als Kulturgut und jede Menge Bierlerlebnisse sind garantiert.


Samstag, 16. April 2016

Löwenzahn



Plötzlich ist er da. Der Löwenzahn. Heute bemerkte ich zum Ersten Mal, dass auf der Wiese vor meiner Wohnung der Löwenzahn blüht. Zwar war ich auch in den letzten Tagen viel in der Natur, aber meine Aufmerksamkeit wurde bisher nicht auf die gelb blühende Pflanze gelenkt. Wir alle kennen ihn, dieses häufig vor kommende Wildkraut wächst neben Wiesen auch an Wegrändern, in Gärten, besiedelt schnell Brachflächen, Schutthalden und Mauerritzen. Eine interessante Pflanze, oftmals auch verflucht. Vor allem, wenn sie an Orten wächst, die wir gar nicht toll finden. Dabei ist der Löwenzahn eine sehr bemerkenswerte Pflanze, mit einer tollen Schutzfunktion. Während der Blütezeit schliesst sich in der Nacht, bei Regen, oder auch bei Trockenheit der Blütensstand. Bei genauerem Hinschauen, ist es eigentlich eine tolle Funktion, von der wir uns auch das eine oder andere abschauen könnten. Interessant, denn die Schweizerische Nationalbank hat sich bei den neuen CHF 50.- Banknoten
auch für ein Löwenzahnmotiv entschieden. 



Donnerstag, 14. April 2016

Littering

Scuol, ein Dorf mit einem Naturschatz, dem Mineralwasser, 1369 erstmals erwähnt. Das Element Wasser prägt den Charakter des Örtchens. Gesunde Natur und viel Wasser. Umso trauriger ist es, wenn die gratis Becher, die beim Engadin Bad Scuol bereit stehen, einfach achtlos ins Gebüsch oder auf den Gehwegen geworfen werden. Mit diesem Bild bin ich heute auf dem Arbeitsweg in den Tag gestartet. «Littering» ist gerade in aller Munde. Lange haben wir darauf gewartet, um dort das Wasser in der Trinkhalle des Bogn Engiadina einfach trinken zu können. Seit letztem Jahr ist es nun soweit, für mich persönlich ein wahrer Luxus und dann noch gratis. Trinken, soviel das Herz begehrt. Zu einem weiteren wichtigen Wasser in Scuol zählt der Inn. In Scuol Punt liegt ein schöner Flecken direkt am Inn, an dem kurz die Natur genossen werden kann. Auch hier bin ich vorgestern über einen Haufen Müll gestossen. Nein, es geht überhaupt nicht darum verspiesste Öko’s zu werden. Mir persönlich macht es keine Freude, an einem Ort Ferien zu machen oder zu leben
, der unordentlich daherkommt. Haben Sie es nicht auch gerne schön? 

Montag, 11. April 2016

Ein kleiner Held

Ein fröhliches Pfeifen lässt mich aufhorchen. «Wo kommt das wohl her?», frage ich mich. Mein Blick schweift auf den Spazierweg, der unterhalb meiner Terrasse vorbeiführt. Dann sehe ich ihn. Einen Jungen, verträumt läuft er umher. Wahrscheinlich ist er gerade auf dem Nachhauseweg, denke ich mir. Seine Jacke trägt er wie einen Umhang. Über seinem Kopf hängt die Kapuze, die Ärmel der Jacke sind lose in der Luft. In jeder Hand hält er ein grünes, frisches Blatt eines Baumes. Er nimmt mich gar nicht wahr, ist so vertieft, in seiner Welt gefesselt. Mir kommt das Bild eines fiktiven Superheldens, wie Superman, in den Sinn. Seine Jacke stellt einen Umhang dar, die Arme in der Luft, weit von sich gestreckt und in jeder Hand ein Blatt. So, als ob er gleich abhebt, durch die Luft schwebt und wie Supermann jemanden gleich retten will. Witziger weise ist der Dreikäsehoch ganz in grün gekleidet. Grüne Hose, grüner Pullover, grüne Jacke und hat dann noch zur Vollendung in jeder Hand ein grünes Blatt. Vielleicht stellt er für sich, in seiner kindlichen, unbeschwerten Welt, den neuen «Öko-Superman» dar, geht mir schmunzelnd durch den Kopf, einfach herzig. 

Sonntag, 10. April 2016

Kommunikation 3.0

Heute wird nicht gekocht. Pizza-Essen ist angesagt. Im Restaurant Platz nehmen, bedient werden, nicht einkaufen und abspülen. Sie treffen sich zu einem frühen «Z'nacht». Beim Eintreten ins Lokal sind schon einige Gäste anwesend. Es ist immer wieder aufs Neue beeindruckend andere Menschen zu beobachten, ein Restaurant ist hierfür der ideale Ort. An einem Tisch sitzt eine Familie, Vater, Mutter und drei Kinder. Die Kinder spielen «Chau Sepp», die Eltern nutzen die Zeit, um den Abend zu geniessen. Beim Bestellen der Getränke des jüngsten Kindes, schleicht mir ein Lächeln übers Gesicht. Er bestellt auf Romanisch, mit voller Überzeugung.«Eu vess jent ün'aua dal bügl da bagnera per plaschair/Ich hätte gerne Mineralwasser vom Brunnen Bagnera», sagt er. Ich finde das super, richtig putzig, ein echter Scuoler, der das kostbare Wasser schon in seinem jungen Alter zu schätzen weiss. Natürlich kann das Restaurant kein Brunnenwasser ausschenken, er entscheidet sich für Wasser vom Hahn, Aua da la spina. Es schaut so aus, als ob die Erwachsenen das Essengehen dazu nutzen, um sich unterhalten zu können. Ein sehr schönes Bild, einfach harmonisch. Nun wird meine Aufmerksamkeit auf ein junges Paar gelenkt, dass am Nebentisch platz nimmt. Kaum am Tisch angekommen, werden sofort die Handys in die Hände genommen. Auch, als die Service-Dame die Speisekarte bringt, wird fast nicht vom Display aufgeblickt. Die beiden wechseln kein Wort, starren gebannt auf ihre Natels. «Vielleicht unterhalten sie sich ja via What's App», kommt mir der Gedanke und finde es traurig, dass die Kommunikation heute keinen hohen Stellenwert mehr hat. Beim Bestellen, wird auch nur kurz und knapp, fast wie in einer What's App-Nachricht, gesprochen, kein Danke. Die Bestellung ist noch gar nicht fertig durchgegeben, wird der Blick wieder aufs Handy gerichtet. Schade, denke ich mir, nun wäre doch ein richtiger Zeitpunkt für die Beiden, um den Moment zu geniessen, im hier und jetzt, miteinander zu sprechen und nicht in die irreale der Welt des Internets einzutauchen, gar stecken zu bleiben. Zwei tolle Bilder bleiben mir von diesem Abend im Gedächtnis. Eine Familie, die die Kommunikation lebt und das Gegenteil, Kommunikation 3.0.  

Hauptstadt-Experience

«Curry 36.» Dort, sagt man, gibt es die beste Curry Wurst. Bei einem Besuch in Berlin, ohne Curry Wurst, ist wie ein Besuch in Italien ohne Espresso. Also, ran an die Wurst, an die Curry Wurst. 

Wenn schon denn schon, wenn sündigen, dann richtig. Sie bestellt eine Curry Wurst ohne Darm mit Pommes rot/weiss. Das hört sich schon ekelig an, wenn die Verkäuferin fragt «möchten Sie die Wurst mit oder ohne Darm? » Am liebsten hätte sie die Bestellung rückgängig gemacht. Rund um die Imbissbude von «Curry 36» stehen viele Passanten, Berliner, Touristen, alte wie junge, ein richtiges Multikulti. Sie isst ihre Curry Wurst direkt am Stand, denn dort, kann sie besser beobachten, stellt sich zu einem circa 70-jährigen Ehepaar. Beide essen eine Curry Wurst. Er mit Brötchen, sie mit Pommes. Sie dreht sich um, eine Gruppe junger Französinnen beim Bestellvorgang, hier ein junger Mann mit Anzug und Krawatte, dort ein paar Schulkinder. Faszination Curry Wurst, eine Wurst, die verbindet.

Weiter geht es zu einem Laden, den sie am Vorabend bereits bestaunt hat, ein Laden namens «Verbrauchermarkt Ullrich» direkt am Bahnhof «Zoologischer Garten». Ein Verbrauchermarkt, wer benutzt heute noch so ein altbackenes Wort, bei all den Anglizismen? Vor dem Einkaufsladen liegt ein Penner, mitten auf der Strasse und schläft. Er liegt in einem Schlafsack, die Passanten laufen einfach vorüber. Was, ist, wenn es dem nicht gut geht, er vielleicht schon tot ist, merkt das überhaupt jemand? Ihr kommt das Buch «Die Kinder vom Bahnhof Zoo» in den Sinn, das genau an diesem Ort spielt. Ein Umschlagplatz der verschiedensten Kulturen und sozialer Schichten. Das Umfeld scheint mit sich beschäftigt, in Eile, am Mobil-Telefon, beim What’s-Appen, beim Stadtplan oder U-/S-Bahn-Plan lesen. Sie entscheidet sich trotzdem in den Verbrauchermarkt hinein zu gehen, einmal in Berlin, da gehört eine solche Erfahrung dazu, sagt sie sich. Beim Betreten des Ladens steht ein Security-Mitarbeiter, der die Passanten mit einem freundlichen «Herzlich Willkommen» begrüsst. Damit hat sie nicht gerechnet. Beim Verlassen des Geschäfts, nachdem sie sich ein Getränk gekauft hat, öffnet der Security-Mitarbeiter die Türe und wünscht «einen schönen Nachmittag und ein schönes Wochenende». Diese Erfahrung ist sehr überraschend, da sonst in dieser Stadt alles äusserst anonym abläuft. 

Mit einem Lächeln im Gesicht geht sie weiter, sie möchte heute noch nach Ost-Berlin, das restliche Stück Mauer, welches das Land drei Jahrzehnte geteilt hat, anschauen. Mit der U-Bahn geht es Richtung Ost-Berlin, aber mit welcher? Schlesisches Tor, dort ist ihr Ziel. Auf dem Weg in die U-Bahn kommt sie an einem Büro der Berliner Verkehrsbetriebe vorbei. Spontan entscheidet sie, dort zu fragen. Die Mitarbeiter begrüssen sie freundlich und herzlich, sie soll sich bitte Setzen. Auf der Lehne des Stuhls steht «hier sitzt ein VIP». «Toller Einfall», geht ihr durch den Kopf und fragt nach dem Weg. «Sie müssen eine Station mit der U-2 Richtung Pankow fahren, dort steigen sie in die U1 Richtung Warschauer Strasse um und steigen am Schlesischen Tor aus. Etwas unbeholfen blickt sie die Mitarbeiterin der Berliner Verkehrsbetriebe an, sodass diese aufsteht und mit ihr zur U-Bahn Nummer 2, Richtung Pankow läuft. Dort verabschieden sie sich.

«Geschafft», denkt sie sich, Warschauer Strasse, hier aussteigen. Noch gar nicht richtig aus der U-Bahn gestiegen, kommt ein grosser, sportlicher Mann, ganz in schwarz, wie ein Security, auf sie zu. Kurz hält sie die Luft an, dann will der Mann nur den Fahrschein sehen. Kein Problem, sie hat sich einen gekauft. 


Weiter geht es. Richtung alter Mauer, aber wo soll die sein? Erst einmal aus dem U-Bahnhof heraus, auf die Strasse. Die Gegend Berlin’s ist nicht so gepflegt, wie um den Alexanderplatz, oder am Kudamm. Sie läuft einfach einmal in eine Richtung, findet auch nach circa 30 Minuten und einigen kleinen Umwegen, endlich, die Mauer. Unglaublich, eine 3.6 Meter hohe und 10 Zentimeter dicke Betonmauer, hat während 28 Jahren über das Schicksal von Menschen entschieden? Ein Schaudern läuft ihr über den Rücken, alleine die Vorstellung, das da, wo sie momentan steht Realität war. Fast 30 Jahre lang! Mitten in einer Strasse wurde eine Mauer gebaut. Eine Mauer, die über Menschenleben bestimmt. Die Gegend ist sehr schön, der Fluss, der letzte geschützte Streifen der Mauer, viele schöne Graffiti. An der Mauer ist es recht windig deshalb entscheidet sie sich noch etwas weiter zu gehen, dieses Stadtviertel zu erkunden.

Samstag, 9. April 2016

Ein etwas anderer Sonntag

Sonntagmorgen kurz vor 11.00 Uhr. Heute findet ein Konzert der Società da musica Tschlin statt. Nachdem ich nun schon die Konzerte der Musikvereine Scuol und Sent angehört habe, bin ich gespannt, welche Lieder, welche Richtung die Tschliner wohl spielen? Wir treffen uns um 10.00 Uhr, nehmen noch ein kleines Frühstück ein und gegen 10.20 Uhr fahren wir los. Bin gespannt, frage mich, was wohl für Publikum anwesend sein wird. In Scuol und Sent waren die Konzerte jeweils abends, um 20.30 Uhr. Ein Konzert zur Mittagszeit hat womöglich schon ein anderes Zielpublikum, als eines am Abend. In Tschlin angekommen, müssen wir erst vom Parkplatz, welcher ausserhalb des Dorfes liegt, circa 10 Minuten laufen, bis wir die Mehrzweckhalle erreichen.

In der Mehrzweckhalle angekommen. Der Saal ist schon fast voll. «Ohh, denke ich mir da nur, nun an allen vorbeilaufen, um einen Platz zu ergattern». Ich fühle mich gerade nicht sehr wohl, denn genau das mag ich nicht. In einen Raum eintreten, in dem schon so viele Menschen sitzen. Da kommt das Gefühl auf, als ob alle gaffen. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken, oder den Zaubermantel von Harry Potter überziehen. «Okay, sag ich mir selbst, einmal tief Luft holen, Rücken gerade, geradeaus schauen; Augen zu und durch, lautet die Devise». Endlich an einem Sitzplatz angekommen, fühle ich mich noch immer nicht so richtig wohl, also beginne ich mich abzulenken. Ich zähle die Anzahl Sitzreihen und wieviel Personen in einer Reihe platz haben. Es hat Platz für 192 Personen. Zwar sind nicht alle Stühle belegt, doch über den Daumen gepeilt, würde ich sagen, dass schon 170 Leute hier sind.

Hinter dem grossen roten Vorhang auf der Bühne bewegt sich etwas, plötzlich wird es im Saal ruhig. Das Publikum wartet gespannt. Jetzt geht es los mit einer traditionellen österreichischen Polka. In mir kommt die Erinnerung von einem Bierzelt-Feeling auf. Dort spielen auch immer Blaskapellen. Schnell bemerke ich, dass dieses erste Stück zur Einstimmung gespielt wurde. Schon beim nächsten Lied bin ich überrascht. Die Musik Tschlin, typische Engadiner, spielen einen Celtic Song. Die Noten sind zarter, weicher, hohe und tiefe Töne, es klingt wunderbar. Langsam fühle ich mich in dem Raum wohl. Bin fasziniert, denn die meisten Stücke sind musikalisch sehr anspruchsvoll. Auch die Länge einzelner Lieder begeistern mich. Hier wird den Musikern etwas abverlangt, denke ich mir, denn die Konzentration bei langen Liedern ist enorm. Es ist toll zu sehen, wie die Musiker in ihrem Element sind, alle machen mit. Nach einer 20-minütigen Pause, geht es hochkarätig weiter. Ein moderner Song «I will wait», wundervoll im Klang. Da höre ich gerne zu. Am Meisten begeistern mich die Stücke «Joy, Peace and Happiness», und das Medley der Beatles. Auch finde ich sehr interessant, dass in dieser Musikvereinigung sehr viele Junge Menschen vertreten sind, das war in Scuol und Sent anders.

Nach dem Konzert, weichen die Stühle Tischen und Bänken. Im Eiltempo packen die Musikanten alle mit an. Es ist schön zu sehen, wie ein Team funktioniert, jeder scheint genau seine Aufgabe zu haben. Viele Besucher bleiben noch und geniessen neben einem Mittagessen die Gesellschaft. Die Musiker bedienen sogar die Tische. Jetzt erinnert mich die Atmosphäre an ein Dorffest, ein get-together. Jung und Alt feiern gemeinsam ein gelungenes Konzert. Oder aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: «Ein Sehen und Gesehen werden, sich von seiner besten Seite zeigen». Das finde ich interessant, das beobachte ich gerne, weiss gar nicht wo ich hinsehen soll. Einzelne Gäste sind im sonntäglichen Outfit unterwegs, andere hingegen sehr legere, in Jeans und Crocs. 

Ein etwas anderer Sonntag eben, so etwas habe ich seit ich im Engadin lebe, noch nie gemacht. Das war genau der Grund, weshalb ich heute nach Tschlin bin. Es hat sich gelohnt, war interessant. Für mich steht fest: Das war nicht der letzte Besuch bei einem Konzert der Società da musica Tschlin.

Experiment «Udo Walz»

Edel, luxuriös steht der Coiffeursalon von Starfriseur, Udo Walz, an Berlin’s berühmter Einkaufsmeile, dem Kurfürstendamm. Eingebettet zwischen Gucci, Bucherer, Dior und weiteren Luxuslabels. Kurfürstendamm Nummer 26, mitten drin also. Noch einmal tief durchatmen und dann geht es los. Das Experiment «Udo Walz» kann beginnen.

Beim Eintreten wird Sie direkt auf die Reception, hinter der, ein Angestellter mit freundlicher Stimme «Guten Morgen, was können wir für Sie tun?» begrüsst. «Ich habe einen Termin bei Pascal», antwortet sie. Sofort wird «Ali» herbeigerufen. Ein etwas mürrischer Bursche, vom Aussehen eher für einen Security-Job geeignet. Sie folgt ihm, er bittet sie Platz zunehmen und fragt, ob Sie etwas trinken möchte. «Gerne, ein Glas Mineralwasser wäre jetzt gut», meint sie. Während sie wartet geniesst sie den Momentan des Beobachtens. Die Einrichtung, liebevoll, detailgetreu erinnert an eine der neueren Hotelsuiten des fünf-Sterne-Hauses Badrutt’s Palace. Die Stühle für den Kunden sind Sessel, schwer, dunkelbraun, aus Leder und bequem. Sie fühlt sich wie eine Prinzessin. Im Hintergrund läuft angenehme Musik, nicht zu laut, genau richtig. Die Ladenfläche ist grossflächig, breit, schlauchförmig, perfekt und funktionsfähig eingerichtet. Unterdessen sie die Umgebung wahrnimmt, stellt sie interessiert fest, dass in diesem Friseursalon nur Männer arbeiten, keine Frau weit und breit zu sehen. Die Mitarbeiter sind alle schwarz gekleidet. Auch ist sie derzeit die einzige Kundin. Ein Mann hat ihre Haare noch nie geschnitten, denkt sie sich.

Pascal kommt an ihren Platz, stellt sich vor und lenkt das Gespräch sofort auf ihre Wünsche, welche Farbe, welchen Schnitt, Zusatzangebote, wie Kosmetikerin oder ähnliches. Als erstes fragt Sie ihn, ob «Ali» sie vergessen hätte, da sie noch immer aufs Getränk wartet. Pascal zitiert, Ali umgehend zu sich, sichtlich wütend verlangt er von Ali sich bei ihr zu entschuldigen. Ali hingegen scheint keine Ahnung zu haben, weshalb er das tun sollte. Einen Moment später erhält sie einen Kaffee und ein Glas Mineralwasser. Sie fragt: «Arbeiten hier nur Männer? Müsst ihr vom Chef aus, schwarz tragen»? Ja, sagt er, entweder schwarz oder weiss, nein, es arbeiten auch Frauen hier». Überrascht stellt er fest, dass heute wirklich nur männliche Kollegen im Laden arbeiten. «Schau, sagt er, hier kommt die erste Frau, unsere Azubine, später kommt dann noch eine, sie hat Spätschicht». Pascal mischt nun die Farbe an und kommt wieder, bezüglich der Haarfarbe einigten sie sich sofort. 10.30h, der Laden füllt sich mit Kunden, Berlin erwacht anscheinend. Während die Farbe einzieht, nimmt Pascal neben ihr Platz und die Beratung beginnt. Er ist eher zögerlich, doch schnell merkt er, dass seine Kundin offen ist, offen auch Zentimeter zu opfern. Nun grinst er, denn er hat eine Idee, «lass mich nur machen, es wird gefallen, vertraue mir einfach, es wird ganz toll werden. Ich mache dich um einige Jahre jünger». Sie gibt ihm die Freigabe für sein Kunstwerk auf ihrem Kopf. Pascal erzählt: Vor 18 Jahren kam ich von Griechenland nach Berlin. Er liebt seinen Beruf. Mindestens alle acht Wochen muss Udo Walz’ Team einen Kurs im Stylen, Färben, Schneiden, oder über die neuesten Produkte absolvieren». 


Die Farbe ist nun lange genug eingewirkt, nun bittet Pascal sie aufzustehen, zum Waschen. Die Waschbecken sind in einem extra abgrenzten Raum angeordnet, auch vor diesen stehen Ledersessel. Sie wird auf Kissen gebettet und fühlt sich wie ein VIP. Beim Waschen erzählt Pascal weiter: «Im Deutschen habe ich vor allem bei den Artikeln ein Problem. Im Griechischen sind zum Beispiel die Wörter «Stuhl» «Mond» weiblich, im Deutschen ist es genau umgekehrt». Sie: «Du sprichst sehr gut Deutsch, ein Akzent ist kaum zu erkennen und bisher waren auch alle Artikel korrekt. Uns liegt der richtige Artikel in den Genen, es gibt kaum Regeln. Für Menschen mit einer anderen Muttersprache bedeutet das viel Auswendiglernen». Die Haare sind gewaschen, nun geht es wieder zurück vor den Spiegel. Sie bestellt sich noch einen Kaffee. Bevor der Kaffee kommt, muss sie jedoch noch eine Wahl treffen, ob Espresso, Macchiato, Milchkaffee, Cafè creme oder Cappuccino. «Einen Milchkaffee, bitte». 

Nun ist Pascal in seinem Element, Schere und Bürste in der Hand. Schnipp schnapp und die Haare sind ab. Er arbeitet schnell und akkurat. Menschen schönmachen, das macht er gerne, meint er. Sie fühlt sich wie eine Prinzessin, kann im Spiegel beobachten, wie die Haare kürzer werden. Als der Haarschnitt fertig ist, sieht sie Pascal den Stolz an, sein «Kunstwerk» scheint geglückt. Er zeigt ihr die neue Frisur von allen Seiten. Es passt alles zusammen. «Sehr schön geschnitten» meint sie. Jetzt geht es noch zum Bezahlen, der Ablauf ist wie in einem Hotel, beim Check-out. Die Azubine bringt ihr noch die Jacke, Pascal wartet bis die Bezahlung beendet ist, umarmt sie nochmals fest, als kennen sie sich schon ewig. Sie verlässt den Coiffeurladen mit einer tollen Erinnerung: «Dem Udo Walz Experiment », es hat sich gelohnt.

Ein Tag im Skigebiet Motta Naluns

Es ist Ostersamstag. Am Morgen schaut das Wetter noch nicht wirklich gut aus, nachts hat es geregnet. Gegen 9.00 Uhr ist es noch ziemlich bewölkt, keine zwei Stunden später scheint die Sonne. Ein Traum Tag mit idealen Pistenbedingungen und das zu Ostern, genau zum richtigen Zeitpunkt. Jetzt kann das Skigebiet mit Top-Bedingungen werben, genau dann, wenn viele Gäste in der Ferienregion Engadin Scuol Ihre freien Tage verbringen. Es ist einfach ein «Muss» ins Skigebiet Motta Naluns zu fahren. Ich entscheide mich von Ftan nach Prui zu laufen, denn die Sonnenterrasse des Restaurants liegt an einem fantastischen Ort und ist immer einen Besuch wert. Etwas verschwitzt, oben angekommen, wimmelt es nur vor Ski-, Snowboardfahrern, Wanderern und Schlittelfahrern. Ein besonderer Tag, denn durch das schöne Wetter und genügend Schnee, Platzt das Skigebiet fast aus allen Nähten. Ideal, einmal das Treiben von einer anderen Perspektive zu betrachten.

Es ist fast unmöglich einen Platz zu ergattern. Alle Tische sind besetzt, drinnen wie draussen. Ein Bild, welches diese Saison nicht allzu oft zu sehen war. Nachdem ich alle Tische, um nach einen Platz zu fragen, abgeklappert habe, stehe ich noch immer, wie bestellt und nicht abgeholt da. Plötzlich, dort ist ein freier Stuhl an einem Tisch, den ich mir gleich ergattere. Endlich sitzen, nicht mehr im Weg stehen und von allen Seiten angerempelt werden. Die Terrasse scheint sich nicht leeren zu wollen, im Gegenteil, es kommen immer mehr Menschen. Im Aussenbereich ist Selbstbedienung, am Kiosk, steht eine lange Schlange an, um an Getränke und etwas Essbares zu gelangen. Wahnsinn, Menschen, soweit das Auge reicht. An den meisten Tischen ist Alkohol vorzufinden. Es reicht von Weinflaschen über Prui-Cafès bis hin zu Shots. Es ist noch nicht einmal 13.00 Uhr und der Alkohol fliesst. Die Gäste werden immer lustiger. Skifahren und Alkohol hat sich bereits etabliert, ähnlich wie im Ballermann auf Mallorca. Der ist auch nicht ohne Hochprozentigem vorstellbar. Essen wohin das Auge reicht, die liebsten Speisen scheinen der Prui-Burger mit Pommes Frites, die traditionelle Kalbsbratwurst mit Pommes Frites, oder einfach nur Pommes Frites zu sein.

Es kommen immer mehr Gäste, das Restaurant platzt fast aus allen Nähten. Bei der Geschirrrückgabe stapelt sich dreckiges Geschirr, die Mitarbeiter springen umher. Den Mitarbeitern wird an einem solchen Tag so einiges abverlangt. Trotz der langen Wartezeit in der Schlange, um an einen Cafè zu gelangen, geht es zwischen den Gästen sehr fair und friedlich zu und her. Ich sehe keinen, der sich vordrängeln möchte, oder gar ungeduldig wirkt. Im Gegenteil, die Situation wird so angenommen, wie sie im Moment ist.

Vor dem Restaurant liegen Skier, Snowboards und Schlitten im Schnee. Die grosse Vielfalt an diesen Sportgeräten kann bewundert werden. Alle Tische sind voll, etwas weiter unten, direkt bei der Bergstation des Sessellifts Prui befindet sich ein Holztisch mit zwei Bänken, auch diese sind mehr als nur besetzt. Am interessantesten für mich, sind die Ideen, wo und wie sich die Gäste stapeln. Ein ganz besonderes Bild bleibt mir auf jeden Fall im Gedächtnis. 

Neben der Terrasse, im Schnee, sehe ich eine vierköpfige Familie, die Mittagspause macht. Sie trugen das Essen vom Restaurant bis auf die Piste. Die Familie hat ganz souverän eine Lösung gefunden, um dem Rummel etwas zu entkommen. Sie sitzen alle auf einem Schlitten, die Mutter teilt sich einen mit dem jüngsten Kind, der Vater hat einen eigenen und in der Mitte sitzt das grössere der beiden Kinder auch auf einem extra Schlitten. Gemütlich, ohne Stress teilen sie sich eine Portion Pommes Frites und trinken Coca Cola. Ein schönes Bild, so harmonisch und das nur wenige Meter vom Trubel der Terrasse entfernt.

Von Berlin ins Engadin

Ein Dorfkind in der Millionenmetropole. Berlin. KaDeWe: «Kauf auch dir einen Wunsch ein», das Kaufhaus des Westens. Mächtig und protzig steht es da. Die Vision des Kaufmanns Adolf Jandorf wurde im Jahr 1907 verwirklicht und übertraf bereits bei seiner Eröffnung alle Erwartungen. 109 Jahre Geschichte und noch kein bisschen vermodert. Das KaDeWe gilt heute als Trendsetter.

Hot Spot KaDeWe
Wow. Lichter, Musik und ganze viele Modelabels. Acht Etagen, 60‘000 m2 Verkaufsfläche, mit mehr als 2‘000 Angestellten, die alles dafür tun, damit Einkaufen zum Erlebnis wird. Komme aus dem Staunen nicht mehr heraus, ein Luxusboulevard der besonderen Art. Fühle mich wie in einer Schatztruhe, bin überwältigt. Mit dem Trend gehen ist so eine Sache, denn wer möchte schon ein «fashion victim» sein? Jedem Trend sklavisch folgen, selbst wenn dieser nicht zum eigenen Typ passt? Die Wintermonate neigen sich dem Ende zu und Frühling/Sommer stehen vor der Türe. Was sind die neuesten Trends? Dieser Frage gehen wir für Sie in der Modehauptstadt Berlin nach.

Die graue Maus wird durch Farbe abgelöst Für die kommenden Monate gibt es allerhand frische Ideen. Ein einziger Trend ist nicht mehr auszumachen. Dieses Jahr setzen viele Designer auf Farbe. Nein, Mut zum Tragen der Farben ist nicht erforderlich, es handelt sich nicht um Signalfarben, im Gegenteil. Die beiden Pantone-Farben 2016 sind «Rose Quartz», ein sehr helles Rosa und «Serenity», ein sehr helles Blau. Neben diesen Farben sind auch dunkles Bordeaux, Blau-, Braun- und Grüntöne im Kommen. Spitze und Einblicke sind erwünscht. Spitze, wie bei Spitzentops, Spitzenblusen oder Spitzenkleidern, verleiht zarte und charmante Einblicke.

Revival der Siebziger Die Röhrenjeans können Sie wieder in den Schrank packen. Jetzt muss Platz für weiter Geschnittenes gemacht werden, Menschen ohne Modelmasse können wieder aufatmen. Muster halten Einzug, Blumenprints treffen auf grafische Details. Die Designerin Dorothee Schumacher bringt es auf den Punkt: «Patchwork als Ausdruck von elektrischer Harmonie, Love and Peace». Eine Orientierung an der Flower-Power-Zeit ist bei vielen Designern erkennbar. Die Stoffwahl bleibt auch nicht vor dem Retro-Trend verschont. Kunstpelze in vielen Variationen kommen zum Einsatz, Tweed wird vor allem als Stoff für Mäntel, Röcke oder Anzüge verwendet. Auch immer wieder auf dem Laufsteg zu sehen ist Samt. Doch diejenigen unter uns, die nicht auf Retro setzten möchten und doch modern sein wollen, treffen mit Seide und feinen Wollstoffen den Zeitgeist.

Mehr ist mehr Den meisten von uns ist der Zwiebel-Look bekannt, in der Modesprache «Layering». Weshalb nur eine Hose tragen, wenn auch ein Rock darüber gezogen werden kann? Dorothee Schumacher macht es vor: «Eine ärmellose Langweste, über einen dünnen Mantel, darunter ein Kleid und eine Hose. Zum Schluss wird darüber noch ein XXL-Schal gelegt, der an der Taille auch noch mit einem Gurt fixiert wird». Hinweis: Nach dem Ausgang durchzählen, ob noch alle Kleidungsstücke und Accessoires da sind.

Geradlinig natürlich In der kommenden Saison wird es nicht nur geradliniger, sondern auch länger. Die meisten auf der Fashion-Week präsentierten Mäntel reichten bis zum Knie oder noch weiter. Die Devise lautet: «Midi bis Maxi». Der Mantel erhält eine neue Funktion; hat er uns bisher warm gegeben, wird er neu als Accessoire benutzt. Die Mäntel werden offen getragen oder locker mit einem Gurt zusammengehalten. Auch grosse Knöpfe, die etwas Uniformhaftes übermitteln, sind dieses Jahr in. Flora und Fauna werden in der Mode gefeiert. Blumen, Bäume, die vom Hosenbein bis zum Kragen wachsen. Ökolabels gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Die Mode will nicht nur optisch zur Natur zurück, sondern setzt auch auf fair produzierte und gehandelte Produkte.

Natürliches 2016 Diesen Sommer soll der Teint strahlen. Auch hier stehen die Trendfarben Rose Quartz und Serenity im Zentrum. Zarte Töne von Lippenstift, Lidschatten und Blush sollen an ein Blumenmeer erinnern. Weiche Farben und schimmernde Effekte lassen Haut und Augen strahlen. Natürlichkeit wird 2016 grossgeschrieben.

Haarig duftend Um an die Trends der kommenden Saison zu gelangen, machen wir einen Stopp bei Udo Walz, dem prominenten Coiffeur, um von seinem Fachpersonal alles über das Frisuren-Jahr 2016 zu erfahren. Im aktuellen Jahr dominieren fröhliche Farben bei Frauen. Es reicht vom kühlen Blond über farbige Haarspitzen, z.B. in Pink, Mintfarben bis hin zu pastellfarbenen Highlights. Auch intensive schwarze Farben bleiben weiterhin aktuell. Bei Männern kehrt wieder Natürlichkeit ein, es erfolgt eine Abkehr von stark gestylten Frisuren. Es halten sich weiterhin die beiden Looks «Beach Look» und «Bad Hair Day». 2016 werden natürliche, verwuschelte, etwas längere Frisuren zum Trend. Natürlich darf auch das Parfüm nicht zu kurz kommen. Auf der Suche im KaDeWe nach einem Parfüm, welches den Mainstream wiederspiegelt, haben wir für die Damen den Duft von Cartier, «Goutte de Rose» und für Ihn den Duft von Pasha de Cartier, «Edition Noire Sport» als das Parfüm empfohlen bekommen.

Barfuss durch den Sommer Wer nun meint, die neuesten Trends der Schuhmode gingen vergessen, der irrt. Doch aufgrund des begrenzten Platzes wurden auf Schuhe und weitere Details zum Schminken verzichtet, denn dies würde definitiv den Rahmen sprengen. Sie müssen also nicht barfuss durch die Sommermonate gehen, um der Mode 2016 zu entsprechen.

Der Wald – die Lunge der Erde

Wir alle verwenden den Begriff Wald. Doch wann ist ein Wald eigentlich ein Wald? Haben Sie gewusst, dass es in der Schweiz keine landesweite Definition gibt? Für jeden Kanton sind bei der Bestimmung eines Waldes andere Merkmale und Details entscheidend.

Grundsätzlich ist ein Wald eine zusammenhängende Fläche, die mit Bäumen bedeckt ist. Der Mensch nimmt seit Beginn seiner Zivilisation grossen Einfluss auf die Entwicklung des Waldes. Deshalb hat die Welternährungsorganisation der UNO im Jahr 1970 einen Tag dem Wald gewidmet; am 21. März steht jeweils der Wald im Fokus.

Stark wie ein Baum
Er ist rätselhaft, voller Geräusche und Farben. Der Wald dient als Symbol des Lebens und als Quelle unseres Wohlbefindens. Der Wald nimmt auch einen wichtigen Platz als Kulturgut ein, denn Begriffe wie Baum oder Wald sind in vielen Redewendungen und Sprichwörtern enthalten. Was wären Märchen, Sagen, Literatur und Malerei ohne Bäume? Er hat vielfältige Funktionen. Er schützt uns vor Naturgefahren, reinigt unsere Luft, produziert den lebenswichtigen Sauerstoff, sorgt für unser Trinkwasser, liefert uns Holz, ist Heimat für viele Tier- und Pflanzenarten und bietet uns gleichzeitig Raum für Erholung und Naturerleben. Ohne Wald kein Leben. Die Funktion des Waldes ist in drei Oberfunktionen eingeteilt, Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion, die wir in diesem Artikel einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Die Nutzfunktion des Waldes
Die Holzverarbeitung ist so alt wie die Menschheit selbst. Als vielseitiges und vor allem nachwachsendes Pflanzenprodukt zählt Holz weltweit vom Volumen und von der Masse her zu den bedeutendsten Rohstoffen für die Weiterverarbeitung wie auch als regenerativer Energieträger. Im letzten Jahrhundert war in fast jeder Gemeinde in der ALLEGRA-Region ein eigenes Sägewerk anzutreffen. Die Sägewerke hatten ihren Standort am Wasser, damit die Wasserkraft als Antrieb der Säge genutzt und das gefällte Holz so nahe wie möglich an der Quelle verarbeitet werden konnte. Zwischenzeitlich wurden die meisten Sägewerke aufgrund des wirtschaftlichen Wandels und der Globalisierung wegrationalisiert. In der Fraktion Tarasp jedoch ist noch eine solche Rarität in Betrieb. Seit Anfang 1900 steht die Gemeindesägerei im Ortsteil Craps. Anfangs wurde diese noch mit Wasserkraft angetrieben, doch mit der ersten Renovation circa 1950, als die Sägerei mit einem Vollgatter, einer meist zum Rundholzaufschnitt oder für Naturwerkstein-Rohblöcke verwendete Maschine und einer Fräse ausgestattet wurde, reichte das Wasser allein für den Antrieb nicht mehr aus. Es wurden zusätzliche Elektromotoren installiert.

Seit dem letzten Ausbau der Sägerei im Jahre 1972 wird nur noch mit Elektrokraft gearbeitet, da durch den Einbau eines Bögli-Vollgatters und einer Parallelfräse die Produktivität des Werkes nur mit der Energie des Wassers nicht mehr gewährleistet werden konnte. Die Sägerei Tarasp gilt heute als Kulturgut, denn dank dieser bleibt die Wertschöpfung im Tal, Arbeitsplätze werden erhalten und ein Gewerbebetrieb, der vom Aussterben bedroht ist, lebt weiter. Die Verantwortlichen des Sägewerks arbeiten von Anfang April bis Ende November an einer kostendeckenden Bewirtschaftung, nur so ist der Fortbestand dieses Betriebes möglich. Um konkurrenzfähig zu sein, setzt die Tarasper Sägerei auf Nischenprodukte wie Mondholz und kundenspezifische Spezialprodukte. Auch die Qualität hat einen wichtigen Stellenwert. Es wird nur bestes Rundholz aus gemeindeeigenen Wäldern im Unterengadin und Val Müstair, das FSC zertifiziert ist, verarbeitet. Abnehmer der Schnittwaren wie Bretter oder Balken sind Schreiner, Zimmereien, Dachdecker und Baufirmen in der Region. Die Nebenprodukte, Brennholz und Sägespäne, finden auch ihre Verwendung. Brennholz wird an Haushalte verkauft und das Sägemehl kommt vor allem auf den Wanderwegen der Region zum Einsatz. Die Lehrlinge des Forstbetriebs der Gemeinde Scuol haben ein Privileg, denn Sie dürfen einen Monat Ihrer Ausbildung in der Sägerei Tarasp verbringen und so ihr Wissensspektrum auch in der Verarbeitung des Holzes erweitern.

Bergwald ist Schutzwald
Nirgendwo anders sind die Menschen so zwingend auf den Wald angewiesen wie im Berggebiet. Die übergeordnete Bedeutung unseres Bergwaldes liegt darin, Siedlungen und Verkehrsverbindungen vor Lawinen, Steinschlag, Muren und Hochwasser zu schützen. Damit der Wald uns vor Naturgefahren schützen kann, ist es eine Aufgabe des Forstdienstes, den Wald in seiner Vielfalt zu erhalten und nachhaltig zu sichern. Ein reiner Lärchenwald beispielsweise erfüllt die Schutzwirkung vor Lawinen nicht wunschgemäss, denn Lärchen verlieren im Winter ihre Nadeln, wodurch bei Schneefall eine wenig strukturierte Schneedecke entsteht und sich sogar eine Lawine lösen kann. Deshalb sind Wälder mit verschiedenen Baumarten wie Tannen, Fichten, Arven und Föhren sehr wichtig für uns. Die Baumkronen dienen als Schneefang und fördern so die Bildung einer gut strukturierten Schneedecke, wodurch sich die Lawinengefahr minimiert.

Doch der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume, Biodiversität ist ein wichtiges Schlagwort. Neben Bäumen wachsen dort Sträucher, Pilze und Flechten. Auch die Fauna findet ein Zuhause in unseren Wäldern, wo nicht nur Wild wohnt. Deshalb sind Waldränder mit einer möglichst hohen Vielfalt von Baumarten erstrebenswert, um neben den Hirschen auch anderen Tieren wie Kleinsäugetieren, Käfern, Vögeln, Ameisen oder Schnecken einen geeigneten Lebensraum zu bieten. Die ALLEGRA-Dörfer liegen am Rande des Schweizerischen Nationalparks, einem Paradebeispiel aus dem letzten Jahrhundert. Vor 101 Jahren gegründet, um ein Stück Natur für die Nachwelt zu bewahren, schmückt dieses Stückchen Erde unsere Ferienregion mit einem Naturheiligtum, das wir schätzen lernen sollten. Die Doppeldeutigkeit des Wortes «Schutzwald» zeigt beide Aspekte gut auf; zum einen schützt uns der Wald und zum anderen muss der Wald geschützt werden.

Erholungsraum Wald
Stille, frische Luft – Natur pur. Die saubere Waldluft wirkt ausgleichend und gesundheitsfördernd auf uns Menschen, und nicht zu vergessen: Grün beruhigt die Nerven. Nur schon ein Spaziergang oder eine Wanderung durch den Wald ist ein Naturerlebnis der besonderen Art. Das Ökosystem Wald ist für Gross und Klein ein faszinierender Spielplatz und gleichzeitig eine Lernstube mit durchgehenden Öffnungszeiten.

Als besonderer Waldbewohner zählt bei uns der Tannenhäher, eine Singvogelart aus der Familie der Rabenvögel. Er lebt am liebsten in Bergnadelwäldern, seine Leibspeise sind Arvennüsschen. Lange Zeit galt der Tannenhäher als verantwortlich für das Verschwinden der Arven in unseren Wäldern. Deshalb war der Vogel noch bis ins Jahr 1961 im Kanton Graubünden zum Abschuss freigegeben. Erste Forschungen in dieser Zeit zeigten jedoch auf, dass der Tannenhäher dem Wald nicht schadet, sondern Tannenhäher und Arve ein sehr nützliches Team bilden. Diese Zusammenarbeit ist ein Sinnbild des natürlichen Ökosystems. Der Vogel sammelt die Arvennüsse und vergräbt jeweils vier bis sechs Samen in einem Versteck. Ein Tannenhäher vergräbt pro Jahr rund 120‘000 Samen und versteckt diese in etwa 25‘000 Refugien. Bis zu 85% der Verstecke findet der fliegende Polizist wieder, auch bei hohen Schneetiefen, eine fast unglaubliche Leistung, haben wir doch schon Probleme unseren Schlüsselbund zu finden. Die restlichen rund 15% der eingebuddelten Nüsse reichen aus, damit sich der Arvenbestand erneuern und verjüngen kann. Meist wachsen sie als enges Grüppchen. Die Arve ist ein sehr robuster Baum, denn sie kann auch bei bis zu minus 40°C gut überleben, ihre ätherischen Öle wirken wie Frostschutzmittel.

Ein Ameisenhaufen. Auch im Boden finden sich interessante Lebewesen wie die Ameisen, die ein Vielfaches ihres Körpergewichtes tragen können. Sie sind nicht nur stark, sie nehmen auch bei der Stabilisierung des ökologischen Gleichgewichts eine Schlüsselrolle ein. Ameisen, die Müllmänner des Waldes, sind unter anderem wichtig für die Waldhygiene, sie verzehren Aas, verbreiten die Samen einheimischer Pflanzen oder verhindern die Massenvermehrung von Forstschädlingen. Die kleinen Tierchen sind als Einzeltier nicht überlebensfähig und bilden deshalb Staaten. Jede einzelne Ameise hat eine Aufgabe. Die Königin ist für den Fortbestand des Volkes verantwortlich, einmal befruchtet kann sie über 20 Jahre lang Eier legen. Die Arbeiterinnen bilden die Mehrheit im Ameisenstaat und verrichten alle Arbeiten, welche in einem Ameisenvolk anfallen, die Brutpflege, den Nestbau, die Nahrungssuche, die Verteidigung und die Versorgung der Königin. Junge Arbeiterinnen verrichten die Arbeiten im Nest, die älteren Tiere sind für den Nestbau und die Futterbeschaffung verantwortlich. In Sachen Organisation können wir von den Tierchen noch so einiges lernen, denn in einem Ameisennest wohnen bis zu zwei Millionen Ameisen zusammen und schaffen es, durch eine straffe Organisation gemeinsam zusammenzuleben.

Betreten des Waldes ist erlaubt! Öffnen Sie Ihre Augen, Ohren und Nase und nehmen Sie die Flora und Fauna unseres Waldkulturerbes einmal über Ihre Sinne war. Atmen Sie die ätherischen Öle tief ein, und nehmen Sie diesen besonderen Ferienduft mit nach Hause.

Fast Food

Es schmeckt uns sehr gut, ist ideal für unsere schnelllebige Zeit. Schmeckt es wirklich gut oder reden wir uns das aufgrund der Zeitersparnis nur ein? Wir wissen eigentlich, dass es gar nicht gesund ist, sehen die Folgen dieser Essensart vor allem in den USA. Die dicken, faulen, die sich vollstopfen mit Zuckerwasser, fettigem Essen, wir machen trotzdem weiter. Wir haben nur einen Körper, würden wir unserer besten Freundin empfehlen Raubbau mit sich zu betreiben? Wenn wir ehrlich sind, werden die meisten von uns diese Frage mit einem klaren «Nein» beantworten. Grün beruhigt nicht nur die Nerven, grün ist oft auch gesund. Ob einen Ausflug ins Grüne, frische Luft, Natur, Gemüse anstatt Döner, Burger, Bagel und Co. auf dem Teller, Obst zwischendurch anstelle von Süssem. Probieren Sie es aus, sie werden staunen!

Freewriting «Schreib-Blockade»

Zuerst wünsche ich dir einen guten Morgen. Schön, bist du auch schon wach. Danke, dass du mein Handeln und Tun regelmässig kritisch hinterfragst. Dein Dasein ermöglicht mir ehrgeizig und zielstrebig an neue Aufgaben heranzutreten. Wie du sicher weisst, gibt es nicht nur schwarz oder weiss, deshalb stehst du mir ab und zu im Wege, aktivierst meinen Perfektionismus und schränkst dadurch mein ich ein. Löst moralisches Denken und eine Werte Haltung unserer Gesellschaft aus. Ist erst einmal das Denken aktiv, ist es schwierig dynamisch, frei und ohne Versagensangst zu schreiben. Es ist gut, dass du da bist, ein Teil von mir, doch bitte, gib mir etwas mehr Freiraum. Raum zum Sein, Leben und Schreiben. Hinterher bin ich dir sehr dankbar, wenn du mich beim Reflektieren unterstützt.

Freitag, 8. April 2016

Der «Alex»


Wer ist das eigentlich? In U- und S-Bahn höre ich oft den Namen «Alex». «Lass uns später am «Alex» treffen». Alex, das ist ein Platz in Berlin, genauer in Ostberlin. Auch gilt er als wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Hauptstadt.
Heute verbringe ich meine Mittagspause des 2-tätigen Workshops «Kreativ Schreiben» auf dem Alexanderplatz, denn dieser liegt genau gegenüber des Pressehauses. Möchte beobachten, wahrnehmen, wissen was sich um mich herum abspielt. Zuerst fallen mir viele Menschen auf, ein richtiges Multikulti, verschiedene Nationalitäten. Neben mir steht eine Gruppe junger Holländer. Ich frage mich, ob die wohl hier eine Schulreise machen, so wie ich damals in der Schule? Beim Weiterlaufen bleibt mein Blick an einem amerikanischen Pärchen hängen. Sie schauen verliebt und glücklich aus, schiessen gerade ein Selfie von sich. Mein Blick schweift weiter, habe den Eindruck, dass es hier nur Fast Food zum Essen gibt, nicht nur die traditionelle Berliner Currywurt, nein, Burger King, KFC, Döner, Falafel, nur ungesundes Zeug. Doch trotzdem stehen an diesen Verkaufsstellen Schlangen von Menschen. Ich laufe weiter und sehe etwas Lustiges, einen «Grillrunner». Ein Verkäufer, der einen Grill um seinen Oberkörper gespannt hat. Ob das bequem ist, frage ich mich. Macht eine solche Arbeit Spass? Er schaut aus, wie ausgestellt, sticht mit seinem Arbeitsgerät so richtig aus der Masse. Ich höre Trommeln, wo mag das wohl sein? Weiter geht es, auf die Suche nach dem Ort, von welchem die Musik herkommt.




Freewriting «Wüste»

Auf dem afrikanischen Kontinent liegt wohl die berühmteste Wüste. Doch was das eigentlich? Es handelt sich um eine Fläche, ähnlich wie ein Meer, einfach ohne Wasser. Der Boden besteht hauptsächlich aus Steinen. Grobe, wie ganz fein gemahlene. Dieses Fleckchen Erde hat eine Besonderheit, am Tag steigen die Temperaturen teilweise weit über 50 °C und nachts kühlt es auf Minusgrade ab, dass es sich bitterkalt anfühlt. Wasser findet man dort nur an bestimmten Orten, dort leben dann auch Menschen, Tiere und Pflanzen. Auch befinden sich an solchen Stellen die Lodges für Touristen. Ansonsten ist in diesem Bereich wenig Flora und Fauna zu finden. Pflanzen, die wachsen, kennen wir nur aus dem Film Lucky Luke. Die Menschen, die dort leben, wohnen nicht in Häusern, wie wir es kennen und sind auch nicht sesshaft. Sie leben als Nomaden und reisen mit ihren Habseligkeiten von einem Ort zum anderen, so, wie es ihre Vorfahren schon taten. Zur Fortbewegung nutzen sie Tiere, spezielle Tiere, die sich an die Naturbegebenheiten im Laufe der Evolution angepasst haben. 

Tiger «freewriting»

Ein Tiger. Ein Kuscheltier, was hat dieses Plüschtierchen wohl schon so alles erlebt? Wem mag das kleine Stofftier gehören? Wo ist er schon überall heruntergefallen? Ging er sogar schon einmal verloren? Ein Stofftier, ein wichtiger Bestandteil eines Kinderlebens. Es gibt Sicherheit, Geborgenheit und hilft beim Einschlafen. Es hört zu und begleitet das Kind auf vielen seiner Wege. Ob zum Spielplatz, zur Grossmutter, zur besten Freundin, in den Kindergarten oder in die Ferien. Dieser niedliche kleine Tiger hat schon so einiges erlebt, wurde schon mehrmals in die Waschmaschine gesteckt. Und doch ist er noch immer ein wichtiges Symbol für seinen Besitzer, auch wenn dieser nun auch schon ohne Kuscheltier auskommt. Ich hatte nie ein solches Plüschtier, ich bekam eine Puppe, Katharina heisst sie. Katharina war sehr oft für mich da, hat zugehört, meine Tränen getrocknet, war in den Ferien dabei und hat mich sogar bei meinem Umzug in die Schweiz begleitet. Nun liegt sie gut versorgt in meinem Schrank und erinnert mich daran, dass auch ich einst ein Kind war. Kinderleicht und neugierig in den Tag gestartet bin, ohne grosse Anforderung und Regeln, was man alles tun muss.

BÜGA

Musik im Ohr und Laptop auf den Beinen. Meine Beine sind gestreckt, die Schuhe sind aus und meine Füsse liegen auf dem gegenüberliegenden Sitz. Der Zug fährt langsam durch ein imposantes Gelände, immer wieder schön zu sehen, doch ich schreibe, mein Blick konzentriert sich auf das geöffnete Word-Dokument und meine Gedanken sprudeln förmlich aus mir heraus. Es fühlt sich an wie Kopfkino 3.0, Chaos, mit Schreiben kann ich es schaffen zu sortieren. Es fliesst, habe so viel zu berichten, so viel erlebt in den letzten Wochen. Mit dem Schreiben bekomme ich Zugang zu meinen Gefühlen, zu mir, höre in mich hinein. Während ich die meiste Zeit meines Alltags mit Sport verbringe, beim Zugfahren muss ich stillsitzen. Zum Glück habe ich das BÜGA, welches mir erlaubt einfach im Zug zu fahren, sooft ich möchte. 

Ein Zugerlebnis der besonderen Art

Dunkelrote Trikots mit weisser Schrift, Schals in allen Varianten. Bedruckt mit dem Logo des ersten Fussballclub Nürnberg, 1. FCN. Schwarze Pullover mit der Aufschrift «Rot, Faust auf schwarzem Grund, halte Abstand», Dächlikappen mit dem Aufdruck «1. FC Nürnberg, you will never walk alone», Schuhe und Jacken mit der Aufschrift des Fussballvereins. Die Schals werden auffällig um den Hals oder ums Handgelenk getragen, auch kommen sie etwas dezenter unter einer neutralen Jacke zum Einsatz. Jeder Fan, scheint, hat so seine individuelle Modetaktik. Das Alleinstellungsmerkmal eines «Cluberers» ist nicht etwa die Fanbekleidung, nein, es ist der Alkohol, vor allem Bier.

9.30 Uhr, Hauptbahnhof Bamberg. Vor dem Bahnhofsgebäude steht eine Ansammlung von Menschen. Bei genauerem Hinsehen, ist festzustellen, dass es sich um Club Fans handelt. Der 1.FC Nürnberg bestreitet heute ein Heimspiel gegen Leipzig. Das Spiel beginnt am Nachmittag, die Reisedistanz von Bamberg nach Nürnberg dauert knapp 40 Minuten und trotzdem fahren schon zu dieser Uhrzeit die ersten Fans in die Frankenmetropole. Vor dem Zug befinden sich viele Polizisten, schon jetzt, später, nach dem Spiel, wird das Aufgebot der grünen Gesetzeshüter erhöht werden. Jack Daniel’s, Jägermeister, Biersorten, wie Weiherer, Mahr’s Bräu, Mönchshof, Gais-Seidla, Desperados, Augustiner, Beck’s, unzählige Sorten und Marken von Alkohol. Dosen, Flaschen mit Kronkorken oder mit Bügelverschluss, das Vielfältige Frankenbier kann hier bewundert werden. Dick, dünn, gross- oder kleingewachsen, alt oder jung, ob weiblich oder männlich, die Club-Fans haben ein Erkennungsmerkmal, das «Bier». Bier, wohin das Auge reicht, neben ganzen Bierkisten, tragen viele mindestens eine offene Bierflasche mit sich herum, Nachschub ist in Hosentaschen, in Plastiksäcken, Rucksäcken, als Sixpack oder als einzelne Flasche in der freien Hand. 

Damit das Bier auf gar keinen Fall ausgeht, führt die deutsche Bahn auf dieser Strecke eine Minibar. Der Mitarbeiter erzählt: «Trotz der heutigen Zusatzmenge an Bier im Angebot der Minibar, ist schon nach 30 Minuten fast alles ausverkauft». Mengenmässig betrachtet, sitzen mehr Flaschen im Zug, als Personen, ein richtiger Promillezug. Im Zug befinden sich Gruppen, es reisen aber auch Einzelpersonen, schlussendlich spielt das keine Rolle, denn die Cluberer-Comunity hält zusammen, Bier verbindet. Primitives, teilweise lallendes Gerede, es wird geflirtet, gesungen. Hier wird das Hobby Fussball zelebriert, Touristen wird so einiges Abverlangt, ein absoluter Kulturschock, es wimmelt von Flaschen, im eigentlichen, wie im übertragenen Sinne. 

«Die» oder doch «das» Val Müstair?

Ein einzigartiges Tal mit einigen rekordverdächtigen Besonderheiten. Überzeugen Sie sich selbst von der Schatzkiste Val Müstair.

Wieso eigentlich «die» und nicht «das»? Der Name stammt vom lateinischen Wort «monasterium» ab, zu Deutsch «Kloster», im Romanischen «Müstair». Das Klostertal also. Im Romanischen hat das Wort «Tal» die weibliche Form. Im Deutschen gibt es drei bestimmte Artikel: «der» für männliche, «die» für weibliche und «das» für sächliche Wörter. Intuitiv sagen wir «das» (Tal) Val Müstair, obwohl «La Val Müstairۛ» weiblich ist und im Deutschen als «die» Val Müstair übersetzt würde. Hier scheiden sich die Geister, wir entscheiden uns in diesem Bericht für den Artikel «das».

Hier wird Jauer gesprochen
Die Talschaft ist das östlichste Tal der Schweiz. Auch für den Kanton Graubünden besitzt es eine Besonderheit, denn es ist das einzige Bündner Südtal, in welchem Romanisch gesprochen wird. Nicht irgendein Romanisch, ein eigenes Idiom sogar. Doch der Münstertaler Dialekt Jauer hat im Gegensatz zu anderen Idiomen keine eigene Schriftsprache entwickelt, in der Schule und auf dem Amt wird Vallader (Idiom des Unterengadins) verwendet.


Eingebettet zwischen imposanten Passstrassen verleiht die geographische Lage dem rund 25 Kilometer langen Tal einen besonderen Anstrich. Es beginnt im Osten im italienischen Taufers im Münstertal (Vinschgau), grenzt im Süden an das Veltlin und im Nordwesten an die Schweiz. Geprägt vom kurvenreichen Gebirgspass Umbrail, dem höchsten Strassenpass der Schweiz mit 2‘501 Metern über Meer, und zum anderen vom Ofenpass, der das Tal mit dem Schweizerischen Nationalpark (SNP), dem einzigen seiner Art, verbindet. Der Umbrailpass galt bereits im Spätmittelalter als wichtiger Saumpfad für die Verbindung von Mailand mit Innsbruck. Auf der anderen Seite des Tals befindet sich der Ofenpass, dessen Name dem romanischen Wort «Fuorn» zugrunde liegt, denn im Mittelalter wurde in der Nähe des heutigen Passes Eisenerz abgebaut. Die Öfen, in denen das Erz verhüttet wurde, gaben dem Pass seinen Namen.

Vielfältiger Lebens- und ErholungsraumDer Fluss Rom im Romanischen, Rambach (auch Rombach) im Deutschen, gilt als einer der schönsten Schweizer Haupttalflüsse. Er entspringt hoch über Tschierv. Der Bergbach hat eine Besonderheit, denn er wird nicht zur Stromerzeugung genutzt. Doch auch hier hat der Mensch einst versucht, Einfluss auf den natürlichen Lauf des Baches zu nehmen. Statt jedoch weiter auf Verbauung und Begradigung zu setzen, entschieden sich die Münstertaler zur Renaturierung und gaben dem Fluss sein ursprüngliches Flussbett zurück. Dies kommt heute Mensch und Natur zugute, denn Flora und Fauna finden hier einen neuen Lebensraum, woraus für den Menschen ein lebendiger und vielfältiger Lebens- und Erholungsraum entsteht.
Topographisch kann das Münstertal in drei Talstufen eingeteilt werden. Auf der obersten liegen die Dörfer Tschierv und Fuldera (ca. 1‘660 m), auf der mittleren Valchava und Sta. Maria (1‘380 m) und auf der untersten Müstair (1‘250 m). Die kleinste Fraktion Lü, die Sonnenterrasse der am 1. Januar 2009 fusionierten Gemeinde Val Müstair, liegt auf 1'920 m ü. M. und bietet einen ungetrübten Blick ins Universum, weil es nur wenig Luft- und noch weniger Lichtverschmutzung gibt. Weit und breit liegt keine grössere Stadt, welche die Dunkelheit der Nacht künstlich aufhellt. Ein besonderer Fleck Erde, der in mondlosen Nächten einen klaren Blick auf den mit Sternen übersäten Himmel und die flimmernde Milchstrasse frei gibt. Mit blossem Auge können 5‘000 Sterne bestaunt werden, das ist im Verhältnis zum Blick aus einer grossen Stadt zehnmal mehr.

Kleinste Bevölkerungsdichte der Schweiz
Das Val Müstair hat noch mehr Rekordverdächtiges zu bieten. So befindet sich im Ort Sta. Maria die kleinste Whisky Bar der Welt, das Tal hat die kleinste Bevölkerungsdichte der Schweiz. Hier fallen acht Einwohner auf einen Quadratkilometer. Zum Vergleich: Die Schweiz weist eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 201 Einwohnern pro Quadratkilometer auf. Auch im Tourismus wird Geschichte geschrieben, denn das 1200-jährige Kloster St. Johann/Clostra San Jon zählt zu einem von schweizweit elf UNESCO-Weltkulturerbestätten. Durch dieses Kloster sollte man meinen, das Tal wäre katholisch, doch die Geschichte spielt ein spezielles Spiel, denn mehr als 50 Prozent der Einwohner sind heute reformiert. Die Zeit der Religionswirren spaltet die Talbevölkerung in zwei Gruppen. Tschierv, Valchava, Lü, Fuldera und Sta. Maria, die fünf oberen Fraktionen des Gebietes, nehmen bereits um 1530 die Lehre der Reformation an. Das Klosterdorf Müstair bleibt hingegen katholisch.

Eine Jahrhunderte lange Tradition hat auch das Handweben. Die im Jahr 1928 gegründete Tessanda Val Müstair in Sta. Maria ist heute die letzte grössere Handweberei der Schweiz. In Sta. Maria befindet sich die kleinste und einzige Berufsschule der Schweiz für den Berufszweig Textilgestaltung. Ebenso gilt die Gesundheitsversorgung als Paradebeispiel und macht das Center da sandà Val Müstair mit seinen Angeboten und vielen zusätzlichen Dienstleistungen einmalig. Auch die vom «Kassensturz» als Testsieger im Jahr 2013 ausgezeichnete Bio-Knospen-Nusstorte stammt aus einer Backstube im Val Müstair, der Meier-Beck AG, und wirbt für dieses besondere Tal über die Grenzen der Schweiz hinaus. Ein Tal also, das noch so einiges zum Entdecken hat.

Wasser als Passion und Musik als Leidenschaft

Wasser, viel Wasser hat es in Scuol. Und wer ist eigentlich dafür zuständig? Der Brunnenmeister: Gisep Derungs trägt die Verantwortung, seit 22 Jahren. Ein Porträt über den Mann hinter dem Wasser. Das Lebensmittel Nr. 1 ist nicht Brot oder Schokolade, auf Platz eins steht das Trinkwasser. Und doch hat es für die Meisten von uns keinen wirklich besonders hohen Stellenwert. Es scheint fast unglaublich. Auf einer Strecke von nur sechs Kilometern, entspringen auf beiden Seiten des Inns mehr als 20 Mineralquellen. Mineralwasser, welches einfach so, aus einigen Dorfbrunnen gratis und so viel man möchte direkt ab Hahn getrunken werden kann.

Ein grosser Brand im Quartier Clozza 1877, bei dem wegen fehlendem Löschwasser 23 Häuser abgebrannt sind, war der Initiant über eine Wasserversorgung für Scuol nachzudenken. Im Jahre 1894 war es dann soweit und für Scuol entstand die Versorgung mit Brunnen, Hydranten und Hausanschlüssen. Dank der touristischen Entwicklung folgte im Jahr 1905 die Realisierung einer Kanalisation für das gesamte Dorf.

Veränderte Strukturen
Für die Fraktionen Scuol, Ftan, Sent, Tarasp, Ardez und Guarda, welche die Gemeinde Scuol bilden, trägt der Brunnenmeister Gisep Derungs für das Wasser die Verantwortung. Am 1. September 1994 trat der gebürtige Scuoler die Stelle als Brunnenmeister für die Gemeinde Scuol an und hat in den nunmehr 22 Jahren schon so manche Veränderung miterleben dürfen. Das Wasser ist sein Element, die Quellfassungen und Reservoirs sein zu Hause. Auf Scuoler Boden kennt er seine Brunnen, Wasserleitungen und Quellen ganz genau, hat all sein Wissen akkurat festgehalten und findet mit nur einem Handgriff, genau den Aktenordner im Schrank, der benötigt wird. Durch die Fusion hat sich seine Verantwortung nicht nur geographisch vervielfältigt, sondern zeigt auch den technologischen Unterschied der einstigen eigenständigen Gemeinden auf.

Heute muss er sein Wissen auch in Bezug auf die Wasserversorgung der anderen Fraktionen erweitern. Ist die Wasserversorgung in Tarasp heute auf dem modernsten Stand der Technik, mit einem Prozessleitsystem, ausgestattet, befinden sich jene in Ardez, Ftan und Guarda momentan in einem älteren Zustand. Gisep Derungs kann das System in Tarasp bequem aus seinem Büro per Mausklick oder direkt mit seinem Handy regulieren und kontrollieren, die Protokollierung ist automatisiert. Um hingegen an die Daten der anderen Fraktionen zu gelangen, muss das Team um den Brunnenmeister vor Ort zum Reservoir oder zur bisherigen Zentrale ausrücken, jede Fraktion hat so ihre Eigenheit. Die Daten müssen anschliessend manuell in den PC übertragen werden, um Aufschlüsse zu erhalten. Ein paar Zahlen zur Veranschaulichung. Mit der Fusion erhöhte sich die Anzahl von Hauswasserzählern von 872 Hauswasserzähler auf 2‘242, die Menge an Hydranten ist auf 340, Dorfbrunnen auf 91 und Reservoire auf ganze 28 angestiegen.

Die Unwetter im Sommer 2015
Im Sommer 2015, nur sieben Monate nach der Fusion, wurde dem Brunnenmeister eine hohe Hürde gestellt. Parallel zur Moräne im Lischana Gebiet, bei welcher die Versorgungsleitung nach Pradella rund um die Lischana Quelle beschädigt wurde, kam es auch im Tarasper Plavna Gebiet zu einer Schlammlawine, die die Wasserversorgung für die Fraktion Tarasp lahm legte. Am darauffolgenden Tag führte der Clozza-Bach Hochwasser und löste damit eine weitere Rüfe aus, bei der auch noch die Mineralwasserquelle Clozza demoliert wurde. Zwei Tage später waren dann noch die Quellfassungen der Lischana-Quelle durch die Unwetter abgetrennt. Tage, in welchen schnelle Entscheidungen getroffen werden mussten und sich das Wissen der Tarasper Quelle mehrheitlich durch «learning by doing» angeeignet werden musste. 365 Tage im Jahr rund um die Uhr ist das Team von Gisep Derungs für uns jederzeit bereit, um die Wasserversorgung sicher zu stellen.

Kraft und Energie tanken
Seine Leidenschaft ist die Musik, da schlägt sein Herz höher. Beim Musikmachen kann er Kraft und Energie tanken, um den Herausforderungen des Alltags gelassener gegenüber zu treten. Eigentlich wollte der 44-jährige Musik studieren, doch für ein Studium hatte die siebenköpfige Familie damals zu wenig finanzielle Mittel. Als einziger Sohn neben vier Schwestern, haben ihn seine Eltern dabei unterstützt, dass er ein Instrument erlernen konnte. Heute ist er im Musikverein Sent als Dirigent aktiv, die zwei Proben am Abend in der Woche sorgen in seiner Freizeit für kurze Weile. Vier Stunden sind jeden Sonntag für die Musikprobe der Blaskapelle «Blaženka» in Zernez reserviert, bei der er die musikalische Leitung innehat.

Böhmische Blasmusik, das sei seine Welt, strahlt er. Wichtig sei ihm auch hier ein hohes Niveau, deshalb finden die Proben jeweils von 18:00 bis 22:00 Uhr statt. Um sich musikalisch im Bereich böhmischer Blasmusik weiter zu entwickeln, nimmt er regelmässig an Kursen für diese Sparte an der renommierten Blasmusikakademie in Staufen bei Freiburg im Breisgau, teil. Der Name der Blaskapelle «Blaženka» stammt nicht etwa von Gisep Derungs‘ Freundin, er lebt alleine, sondern von einer böhmischen Servicemitarbeiterin namens «Blaženka», welche die Kameraden der Blaskapelle als Namensgeberin ausgewählt haben und spielen sogar eine Polka, die diesen Namen trägt.

In der Natur und am Herd

Trotzdem braucht auch er neben der Musik eine Auszeit, die er am liebsten in der Natur verbringt. Der Piz Lischana ist nicht nur der Hausberg von Scuol, sondern zählt auch zu Gisep Derungs‘ Favorit. Wenn es seine Zeit zulässt, steht er auch schon einmal hinter dem Herd. Er isst eigentlich fast alles gerne, aber bei Lachs schlägt sein Herz höher, da kann er einfach nicht vorbei gehen. Zum Abschluss noch etwas Interessantes: Der im Januar geborene Gisep Derungs ist nicht nur von Berufswegen «Wassermann», sondern trägt dieses Tierkreiszeichen sogar als Sternzeichen.