Samstag, 9. April 2016

Experiment «Udo Walz»

Edel, luxuriös steht der Coiffeursalon von Starfriseur, Udo Walz, an Berlin’s berühmter Einkaufsmeile, dem Kurfürstendamm. Eingebettet zwischen Gucci, Bucherer, Dior und weiteren Luxuslabels. Kurfürstendamm Nummer 26, mitten drin also. Noch einmal tief durchatmen und dann geht es los. Das Experiment «Udo Walz» kann beginnen.

Beim Eintreten wird Sie direkt auf die Reception, hinter der, ein Angestellter mit freundlicher Stimme «Guten Morgen, was können wir für Sie tun?» begrüsst. «Ich habe einen Termin bei Pascal», antwortet sie. Sofort wird «Ali» herbeigerufen. Ein etwas mürrischer Bursche, vom Aussehen eher für einen Security-Job geeignet. Sie folgt ihm, er bittet sie Platz zunehmen und fragt, ob Sie etwas trinken möchte. «Gerne, ein Glas Mineralwasser wäre jetzt gut», meint sie. Während sie wartet geniesst sie den Momentan des Beobachtens. Die Einrichtung, liebevoll, detailgetreu erinnert an eine der neueren Hotelsuiten des fünf-Sterne-Hauses Badrutt’s Palace. Die Stühle für den Kunden sind Sessel, schwer, dunkelbraun, aus Leder und bequem. Sie fühlt sich wie eine Prinzessin. Im Hintergrund läuft angenehme Musik, nicht zu laut, genau richtig. Die Ladenfläche ist grossflächig, breit, schlauchförmig, perfekt und funktionsfähig eingerichtet. Unterdessen sie die Umgebung wahrnimmt, stellt sie interessiert fest, dass in diesem Friseursalon nur Männer arbeiten, keine Frau weit und breit zu sehen. Die Mitarbeiter sind alle schwarz gekleidet. Auch ist sie derzeit die einzige Kundin. Ein Mann hat ihre Haare noch nie geschnitten, denkt sie sich.

Pascal kommt an ihren Platz, stellt sich vor und lenkt das Gespräch sofort auf ihre Wünsche, welche Farbe, welchen Schnitt, Zusatzangebote, wie Kosmetikerin oder ähnliches. Als erstes fragt Sie ihn, ob «Ali» sie vergessen hätte, da sie noch immer aufs Getränk wartet. Pascal zitiert, Ali umgehend zu sich, sichtlich wütend verlangt er von Ali sich bei ihr zu entschuldigen. Ali hingegen scheint keine Ahnung zu haben, weshalb er das tun sollte. Einen Moment später erhält sie einen Kaffee und ein Glas Mineralwasser. Sie fragt: «Arbeiten hier nur Männer? Müsst ihr vom Chef aus, schwarz tragen»? Ja, sagt er, entweder schwarz oder weiss, nein, es arbeiten auch Frauen hier». Überrascht stellt er fest, dass heute wirklich nur männliche Kollegen im Laden arbeiten. «Schau, sagt er, hier kommt die erste Frau, unsere Azubine, später kommt dann noch eine, sie hat Spätschicht». Pascal mischt nun die Farbe an und kommt wieder, bezüglich der Haarfarbe einigten sie sich sofort. 10.30h, der Laden füllt sich mit Kunden, Berlin erwacht anscheinend. Während die Farbe einzieht, nimmt Pascal neben ihr Platz und die Beratung beginnt. Er ist eher zögerlich, doch schnell merkt er, dass seine Kundin offen ist, offen auch Zentimeter zu opfern. Nun grinst er, denn er hat eine Idee, «lass mich nur machen, es wird gefallen, vertraue mir einfach, es wird ganz toll werden. Ich mache dich um einige Jahre jünger». Sie gibt ihm die Freigabe für sein Kunstwerk auf ihrem Kopf. Pascal erzählt: Vor 18 Jahren kam ich von Griechenland nach Berlin. Er liebt seinen Beruf. Mindestens alle acht Wochen muss Udo Walz’ Team einen Kurs im Stylen, Färben, Schneiden, oder über die neuesten Produkte absolvieren». 


Die Farbe ist nun lange genug eingewirkt, nun bittet Pascal sie aufzustehen, zum Waschen. Die Waschbecken sind in einem extra abgrenzten Raum angeordnet, auch vor diesen stehen Ledersessel. Sie wird auf Kissen gebettet und fühlt sich wie ein VIP. Beim Waschen erzählt Pascal weiter: «Im Deutschen habe ich vor allem bei den Artikeln ein Problem. Im Griechischen sind zum Beispiel die Wörter «Stuhl» «Mond» weiblich, im Deutschen ist es genau umgekehrt». Sie: «Du sprichst sehr gut Deutsch, ein Akzent ist kaum zu erkennen und bisher waren auch alle Artikel korrekt. Uns liegt der richtige Artikel in den Genen, es gibt kaum Regeln. Für Menschen mit einer anderen Muttersprache bedeutet das viel Auswendiglernen». Die Haare sind gewaschen, nun geht es wieder zurück vor den Spiegel. Sie bestellt sich noch einen Kaffee. Bevor der Kaffee kommt, muss sie jedoch noch eine Wahl treffen, ob Espresso, Macchiato, Milchkaffee, Cafè creme oder Cappuccino. «Einen Milchkaffee, bitte». 

Nun ist Pascal in seinem Element, Schere und Bürste in der Hand. Schnipp schnapp und die Haare sind ab. Er arbeitet schnell und akkurat. Menschen schönmachen, das macht er gerne, meint er. Sie fühlt sich wie eine Prinzessin, kann im Spiegel beobachten, wie die Haare kürzer werden. Als der Haarschnitt fertig ist, sieht sie Pascal den Stolz an, sein «Kunstwerk» scheint geglückt. Er zeigt ihr die neue Frisur von allen Seiten. Es passt alles zusammen. «Sehr schön geschnitten» meint sie. Jetzt geht es noch zum Bezahlen, der Ablauf ist wie in einem Hotel, beim Check-out. Die Azubine bringt ihr noch die Jacke, Pascal wartet bis die Bezahlung beendet ist, umarmt sie nochmals fest, als kennen sie sich schon ewig. Sie verlässt den Coiffeurladen mit einer tollen Erinnerung: «Dem Udo Walz Experiment », es hat sich gelohnt.

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