Freitag, 8. April 2016

Ein Zugerlebnis der besonderen Art

Dunkelrote Trikots mit weisser Schrift, Schals in allen Varianten. Bedruckt mit dem Logo des ersten Fussballclub Nürnberg, 1. FCN. Schwarze Pullover mit der Aufschrift «Rot, Faust auf schwarzem Grund, halte Abstand», Dächlikappen mit dem Aufdruck «1. FC Nürnberg, you will never walk alone», Schuhe und Jacken mit der Aufschrift des Fussballvereins. Die Schals werden auffällig um den Hals oder ums Handgelenk getragen, auch kommen sie etwas dezenter unter einer neutralen Jacke zum Einsatz. Jeder Fan, scheint, hat so seine individuelle Modetaktik. Das Alleinstellungsmerkmal eines «Cluberers» ist nicht etwa die Fanbekleidung, nein, es ist der Alkohol, vor allem Bier.

9.30 Uhr, Hauptbahnhof Bamberg. Vor dem Bahnhofsgebäude steht eine Ansammlung von Menschen. Bei genauerem Hinsehen, ist festzustellen, dass es sich um Club Fans handelt. Der 1.FC Nürnberg bestreitet heute ein Heimspiel gegen Leipzig. Das Spiel beginnt am Nachmittag, die Reisedistanz von Bamberg nach Nürnberg dauert knapp 40 Minuten und trotzdem fahren schon zu dieser Uhrzeit die ersten Fans in die Frankenmetropole. Vor dem Zug befinden sich viele Polizisten, schon jetzt, später, nach dem Spiel, wird das Aufgebot der grünen Gesetzeshüter erhöht werden. Jack Daniel’s, Jägermeister, Biersorten, wie Weiherer, Mahr’s Bräu, Mönchshof, Gais-Seidla, Desperados, Augustiner, Beck’s, unzählige Sorten und Marken von Alkohol. Dosen, Flaschen mit Kronkorken oder mit Bügelverschluss, das Vielfältige Frankenbier kann hier bewundert werden. Dick, dünn, gross- oder kleingewachsen, alt oder jung, ob weiblich oder männlich, die Club-Fans haben ein Erkennungsmerkmal, das «Bier». Bier, wohin das Auge reicht, neben ganzen Bierkisten, tragen viele mindestens eine offene Bierflasche mit sich herum, Nachschub ist in Hosentaschen, in Plastiksäcken, Rucksäcken, als Sixpack oder als einzelne Flasche in der freien Hand. 

Damit das Bier auf gar keinen Fall ausgeht, führt die deutsche Bahn auf dieser Strecke eine Minibar. Der Mitarbeiter erzählt: «Trotz der heutigen Zusatzmenge an Bier im Angebot der Minibar, ist schon nach 30 Minuten fast alles ausverkauft». Mengenmässig betrachtet, sitzen mehr Flaschen im Zug, als Personen, ein richtiger Promillezug. Im Zug befinden sich Gruppen, es reisen aber auch Einzelpersonen, schlussendlich spielt das keine Rolle, denn die Cluberer-Comunity hält zusammen, Bier verbindet. Primitives, teilweise lallendes Gerede, es wird geflirtet, gesungen. Hier wird das Hobby Fussball zelebriert, Touristen wird so einiges Abverlangt, ein absoluter Kulturschock, es wimmelt von Flaschen, im eigentlichen, wie im übertragenen Sinne. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen